AI in Kinderbüchern?
Bild: Flux 1.0
KI hier, KI da.
Die KI illustriert, schreibt Texte, mixt Musik, backt Brote und erzieht demnächst unsere Kinder. Huch, das mit den Broten stimmt gar nicht. Noch nicht.
Trotzdem: Ich nutze KIs! Allerdings nur für meine Arbeit als Art Direktorin, da sind Tools, die Images nach Texten erzeugen (text to image), einfach nur genial! In wenigen Prompts generiere ich präzise Images für Präsentationen, Meetings, Showcases – ohne mich durch unendliche Stock-Archive wühlen zu müssen. Ein Traum! Ich habe sogar eine Weiterbildung gestartet, um alle Möglichkeiten in diesem Bereich für meinen Joballtag, optimal auszuschöpfen.
Aber bei Kinderbüchern?
»Irgendwo hört’s auf!«, brummt Horst. »Es geht doch um Herzblut und um echte Emotionen. Nicht diesen ganzen Algorithmus-Käse. Hoffentlich schnallen das die Leudde mal!«
Der Aufschrei um ChaGTP ist verhallt, die Welt arbeitet längst mit diesem Medium und akzeptiert es weitestgehend. Und ich schreibe meine Kinderbücher trotzdem selbst. Weil ich Geschichten liebe, weil ich Kinder mag und weil ich eine Art Schreibsucht entwickelt habe. Also nichts, bei dem ich ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen muss – keine Angst. Die Krankheit ist nicht gefährlich. Längere Zeit nicht zu schreiben, führt bei mir aber zu Entzugserscheinungen und die sind nicht ohne … Darum geht’s hier jedoch nicht.
Ich liebe es, meinen Kindern meine Ideen vorlesen und damit ihre Augen zum Leuchten bringen. Ich liebe es, wenn sie interessiert nachfragen oder über meine Texte lachen und bereit sind, mit mir in ein spannendes Abenteuer einzutauchen. Und ich möchte weiterhin die Worte, die zu diesen Augenblicken führen, selbst formulieren und schreiben.
Spinnt das mal weiter: Die Magie entsteht nicht nur durch Worte, sondern auch durch die Bilder, die die Geschichten in jenem Alter noch begleiten. Und wenn diese Bilder nun alle KI-generiert wären, wie viel Seele und Liebe würde man unseren Büchern rauben?!
»Handgemachte« Illustrationen sind mehr als nur »nette Bildchen«. Sie entstehen mit echter, menschlicher Kreativität – von Illustrator*innen, die genauso viel Leidenschaft reinstecken wie ich in meine Erzählungen. Mit eigener Perspektive, Emotion und Herzblut.
Und die KI? Die setzt brav Pixel für Pixel bestehende Tokens aneinander und spuckt aus, womit sie gefüttert wurde. Ja doch, die Ergebnisse sind teilweise wirklich beeindruckend! (Wenn es sich bei dem Prompting Engineer um einen Menschen handelt, der ein ästhetisch ausgeprägtes Empfinden mitbringt und beim Endprodukt nicht wie bei der kürzlich gecancelten Kampagne von Stiftung Lesen plötzliche Eisbärenfüße aus Buchseiten wachsen …) Aber: Willst du deine Kinder mit KI generierten Pixeln bombardieren? Nein!
Dennoch kann ich als Autorin nicht den Fakt ignorieren, dass es KIs gibt. Der Austausch mit ChatGTP kann nämlich wirklich amüsant sein. Manchmal spiele ich Ping Pong mit meinem Bot, sehr zum Leidwesen von Horst, der gerne mitspielen würde.
»Hallo Du, ich brauche einen Namen für einen Jungen, der alles fallen lässt. Hast du eine Idee?«
Mein Chat antwortet prompt: »Tolpatsch.«
»Wow!«, murmelt Horst, »bitte nicht so kreativ, da flattern mir ja die Ohren!«
Ich füttere die Maschine weiter:
»Kein lahmes Schimpfwort sondern einen echten Namen bitte.« (Ja, ich bin höflich zu meiner KI. Manchmal höflicher als zu Horst. Sorry!«)
Die Antwort kommt in Lichtgeschwindigkeit:
»Hier eine weitere Idee für einen Jungen, der alles fallen lässt: Holperino.«
Horst grunzt, dass die Schwarte wackelt. »Hahhhahaha! Was haste erwartet? Die KI ist so kreativ wie deine Einkaufslisten.« Er fällt beinahe von seinem Stuhl.
»Holperino?! Echt jetzt? Laaaangweilig!«
»Ist ja gut Horst, warte mal ab: Da kommt gleich noch was, lass mich mal machen.«
»Du meinst: Lass die Maschine mal machen. Könntest ja auch mich fragen zur Abwechslung. Ich hab die eine oder andere Idee, die passend wäre. Aber PFFFF! Du willst ja lieber mit deinem neuen Spielzeug spielen. Dein Schweinehund hat seine Schuldigkeit getan … Wenn du mich nicht mehr brauchst …« Seine Stimme bricht. Er spielt hervorragend Theater, ich erkenne es an seinen blitzenden Augen.
Frustriert starte die nächste Chat-Runde. Holperino, das ist echt schwach.
»Einen beschreibenden Namen, bitte. Kein Schimpfwort oder Kosenamen oder … Eher sowas wie: Susi Sausewind als Name für ein schnelles Mädchen. Oder Wilma Witzebusch für ein Mädchen, das ständig Witze erzählt oder Kurt Kringelig für einen Jungen, der sich gerne kringelig lacht …«
»Sind das etwa deine neuen Geschichten? Echt? Erfahre ich das auf diese Weise? Mir erzählst du ja gar nichts mehr!«
Jetzt ist Horst wirklich aufgebracht. Na, bravo! Den wieder zu beruhigen, wird dann wohl meine Nachmittagsaufgabe werden. Die KI rechnet kurz und schlägt dann vor:
»Passende Namen für einen Jungen, der alles fallen lässt, lauten:
»Felix Flatterhand«
»Rudi Rutschfinger«
»Paddy Paddelig«
»Sammy Schusselhuhn«
Horst reißt die Augen auf, dann sinkt seine Monobraue tief herab und überschattet seine Augen.
»Felix Flatterhand? Grrrrmmmmpppffff. Das ist nicht sooo schlecht. Oder?«
Ich nicke. Den Namen finde ich auch okay. Aufbaufähig. Und selbst die Outtakes der anderen Namen zwischendurch waren witzig. Für so einen Blödsinn ist die KI perfekt. Und muksch wie Horst wird sie auch nicht.
Aber ich möchte meinen Schweinehund trotzdem lieber behalten. Wenn ich mich entscheiden müsste, dann wäre es immer Horst! Jawohl!
»Wirklich?« Horst hebt seine Schweineöhrchen und die Monobraue. Seine Augen glitzern verdächtig. Ich strahle ihn an. »Echt!«
Und was bedeutet das jetzt für meine Kinderbücher?
Ich will keine KI für meine Geschichten. Weder KI-Texte noch Bilder. Ich stehe auf echte, handgemachte Illustrationen, die genauso viel Seele und Herzblut haben wie meine Erzählungen. Die richtige Stimmung, Farben, den Stil zu finden – das ist durch nichts zu ersetzen! Außerdem verkümmert unser aller Fantasie, wenn wir uns nur noch auf die Maschinen verlassen.
Also Shoutout an alle Verlage:
Lasst die Hände weg von KI-generierten Bildern. Holt euch echte Menschen, die echten Spaß daran haben, Geschichten zu malen, zu zeichnen, zu skribbeln – aber nicht zu rendern!
Bilder: Flux & Midjourney. Aber der einzig wahre Horst stammt aus der Feder von Arabell Watzlawik.
Übrigens: Morgen geht’s auf die Frankfurter Buchmesse 2024.
Ich freue mich darauf, endlich wieder echte Menschen aus der Buchbubble zu treffen und neue kennenzulernen. Und stelle ich mir mit Schrecken vor, wie eine Buchmesse aussehen würde, sollte es irgendwann keine Kinderbuchkreative mehr geben, sondern nur noch Maschinen, Server, Bits und Tokens. Dystopischer Gedanke, oder?
Sehen wir uns? Falls du da bist, sprich mich an! Horst und ich freuen uns auf viele wunderbare Gespräche und inspirierende Augenblicke.
PS – ein Lebenstipp: Spiel doch mal ein wenig Ping Pong mit deinem Schweinehund. Das hebt die Stimmung ungemein.
Anne